vera kappeler

kuratorin 2024

Man darf sagen, dass sie nicht in eine bestimmte musikalische Kategorie zu stecken ist. Vera Kappeler ist eine Künstlerin, deren musikalische Palette von Klangexperimenten bis hin zu komponierter klassischer Musik reicht. Ihr musikalisches Spektrum erstreckt sich über das Neuerfinden von Volksliedern bis hin zur Erarbeitung performativer Musik, die in Theateraufführungen und der bildenden Kunst ihren Platz findet.

In all ihrem kreativen Schaffen, sei es in ihren Soloprogrammen, wie z.B. die ganz eigene Interpretierung von Thelonius Monk-Stücken, oder in ihrer magischen Symbiose mit dem Schlagzeuger Peter Conradin Zumthor, wie sie jüngst auf  Herd (Intakt Records) zu hören sind, offenbart sich Vera Kappelers unaufhaltsamer Fluss der Inspiration. Darüber hinaus keimt ihre Kreativität in diversen Kollaborationen, wie etwa ihr Zusammenarbeiten mit verschiedenen Sängerinnen, welche sich mit Volksliedern aus aller Welt auseinandersetzen, oder etwa in einem Quartett mit Rapper und DJ.

1974 in Basel geboren, studierte sie am Konservatorium Winterthur Klavier und nahm Unterricht an der Jazzschule Basel. Sie wurde mit etlichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Suisa-Jazzpreis und dem Schweizer Musikpreis. Neben ihrer Konzerttätigkeit unterrichtet/e sie an der Kantonschule Küsnacht und an der Jazzabteilung der Musikhochschule Luzern.

Vera Kappelers Musik ist wie ein Klanggarten, in der jede Note eine vielseitige Erfahrung bietet und unsere Sinne anspricht. Sie ist eine herausragende Persönlichkeit in der zeitgenössischen Musik, und wir sind überzeugt, mit Vera eine faszinierende und inspirierende Musikerin für die kommende Taktlos Festival-Ausgabe gefunden zu haben.

von Benedikt Sartorius
mit Vera Kappeler

Was stand für dich beim Kuratieren des Festivals im Fokus?

Zwei Sachen waren mir sehr wichtig: Ich wollte – so weit als möglich – keine bestehenden Bands oder Projekte einladen. Das schien mir fast zu naheliegend. Joy Frempong bat ich beispielsweise, etwas zu präsentieren, das wir vielleicht so noch nicht von ihr kennen. Und ich wollte auch möglichst wenig Leute aus meinem musikalischen Umfeld einladen – damit es nicht nach «Vera Kappeler lädt ihre besten Freunde ein» aussieht. Eine Ausnahme bilden die beiden Programmpunkte von und mit Peter Conradin Zumthor. Es war und ist mir ein besonderes Anliegen, dass sein Glocken-Projekt, welches noch nie in Zürich gezeigt wurde, in Kombination mit dem Duo GRUND an einem Festival wie dem Taktlos zur Aufführung kommen kann.

Ich bin ganz intuitiv vorgegangen, denn auf die Intuition kann ich mich inzwischen mehr und mehr verlassen. Ich habe versucht, Leute zu entdecken, die ich zum Teil selber noch gar nicht gekannt habe. Ich googelte, wollte auch Leute zusammenbringen, die sich gegenseitig noch nicht kennen – zum Teil aus ganz verschiedenen Ecken. Ich stellte mir vor: Wie wäre es, wenn ich eine Jazzgitarristin mit einer Theatermusikerin und einem Turntable-Künstler zusammenbringen würde? Was gibt das für Collagen? Es freut mich sehr, dass Mareille Merck, Mara Miribung und Strotter auf die Einladung so positiv reagiert und zugesagt haben. Und ich wünschte mir eine Pianistin/einen Pianisten aus dem nahegelegenen Ausland. Da ich bis dahin keine dänischen Musiker*innen gekannt habe, googelte ich nach Pianist*innen aus Dänemark, und da erschien Jeppe Zeeberg in den Ergebnissen. Ich hörte mir seine Musik an, die mir sofort gefallen hat, und fragte ihn an. Eine halbe Stunde später kam seine Zusage. Derart positive Rückmeldungen wirkten wie eine Bestätigung für meinen Programmansatz, denn zunächst hatte ich Angst, dass ich am Schluss dann doch einfach mir bereits bekannte Leute einlade. 

Wie war dein Vorgehen beim Programmieren?

Die Arbeit von Lukas Rohner, dem Instrumentenerfinder, Musiker und Poeten, verfolge ich schon lange, ohne dass sich bisher eine Zusammenarbeit ergeben hätte. Seine Instrumente, die auch aus umgewandelten Gebrauchsgegenständen bestehen können, sind sehr ungewöhnlich in der Handhabung, etwa vom Tonumfang oder von der Spieltechnik her. Am Festival spielen nun Studierende mit seinen Instrumenten, mit denen sie sich erst mal vertraut machen mussten. Es geht mir in dieser Ausgabe des Taktlos auch darum, die Scheuklappen abzulegen, Grenzen zu überwinden, zwischen verschiedenen Generationen, zwischen den Szenen, zwischen nichtprofessionellen und professionellen Musiker*innen, wie etwa bei Mauricio Kagels «10 Märsche  um den Sieg zu verfehlen». Und ein Programmpunkt wie «Zürcher Glocken – con sordino» findet im öffentlichen Raum statt und erreicht vielleicht auch Leute, die sonst nie mit dem Festival in Kontakt kommen würden. 

So hat sich das alles zu diesem Festivalprogramm zusammengefügt. Ich hoffe, es deckt vieles ab: Das Klangtüftlerische und das Analoge waren mir sehr wichtig. Und auch der Humor, der manchmal zu kurz kommt.

Du spielst am Taktlos nicht Klavier, sondern Clavichord.

Mich hat man ja schon oft Klavierspielen gehört, ich nutze also diese Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren. 

Du spielst am Taktlos nicht Klavier, sondern Clavichord.

Vom Klang her hat es auf mich schon lange einen besonderen Reiz ausgeübt. Ich kannte es von Aufnahmen mit Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Stücken. Vor ein paar Jahren schenkte mir jemand ein Clavichord, und wenn du ein Instrument als Geschenk erhältst, ist das wie ein Wink mit dem Zaunpfahl. Ich hatte Lust, ein Tasteninstrument ganz neu zu entdecken und zu schauen, was beim Spielen passiert. 

Dein Programm heisst «Wayfaring Stranger», wie das sehr alte Folkstück. Liedertraditionen, herumgeisternde Stoffe und Geschichten durchziehen dein musikalisches Schaffen.

Ja, das gehört zu mir. Das geht von alten Volksliedern und Ur-Musig-Sachen bis zu Schlager oder einem Lied wie «O mein Papa». Den Gegensatz zwischen abstrakter und liedhafter Musik hatte ich schon immer gern. Mit den Saiten des Clavichords lassen sich «bendings» machen, wie bei einer Gitarre. Jetzt kann ich diese Traditionals und Bluesstücke endlich in einer Weise spielen, wie ich es von den alten Blues-Helden her kenne. Am Klavier dünkt mich das eher schwierig. Vielleicht führt mich dieses sehr leise Instrument zu ganz anderer Musik …

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